Im Laufe der Jahre habe ich immerhin 11 Beiträge mit direkten Bezug zu Thin Clients von Igel geschrieben, aber bis dato keinen einzigen zu den Geräten von rangee, Zeit also etwas zu ändern.
Warum denn so spät wird man fragen, die Antwort ist relativ einfach und lässt sich anhand (m)eines kurzen Werdegangs darstellen:
Igel Thin Clients kenn’ ich seit schätzungsweise 15 Jahren oder sogar länger. Zwischendrin hatte ich mal kurz mit Wyse zu tun (bevor diese von DELL geschluckt wurden) und das war’s dann im wesentlichen auch schon.
Die Thin Clients von rangee hatte ich mal 2014 getestet, damals fehlte in der Tat nicht viel und der Wechsel hätte stattgefunden. Dann 2017 stand bei einem damaligen Kunden der Austausch sehr alter Wyse-Thin Clients an und ich zog rangee erneut in Betracht, aber es fiel die Entscheidung, wohlgemerkt ohne Evaluierung, zu Gunsten von Igel.
Nun etwas mehr als sieben Jahre nach dem Erstkontakt folgt ein neuer Test. Vorangegangen sind diverse Erfahrungen und Entwicklungen bei Igel die mir nicht ganz zusagen, so wurde z.B. zuletzt die maximale Maintenance von fünf auf drei Jahre gekürzt. Günstig sind die Teile mittlerweile auch nicht (mehr). Die Performance des UMS sowie die Bootzeit der Geräte sind weitere Punkte. Soviel zur Vorgeschichte, kommen wir nun zum eigentlichen Thema.
Zur Teststellung
rangee hat mir auf Anfrage freundlicherweise zwei unterschiedliche Thin Clients, und zwar die Modelle TC-LT550E-XL und TC-K10-XL, zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle schon mal vielen Dank dafür.
Der K10 kommt mit einer VESA-Halterung daher und kann so direkt hinter ein Display montiert werden. Zudem ist das Gerät sehr kompakt, wird passiv gekühlt und es können via HDMI zwei Displays angeschlossen werden.
Der LT550E ist im klassischen Thin Client-typischen Desktop/Booksize-Format gehalten. Hier können ebenfalls zwei Displays (1x DP, 1x HDMI) angeschlossen werden. Neben diesen beiden erwähnten Geräten gibt es eine Vielzahl weiterer im Angebot, fernen können (alte) PCs konvertiert werden.
Übrigens: Die Gummibärchen sind immer, damals wie heute, mit dabei 😉 Ich wurde also nicht mit Süßigkeiten bestochen!
Für mich bzw. meine Kunden sind neben der selbstverständlichen zentralen Verwaltung bislang lediglich die Protokolle RDP (Remotedesktopverbindung, Windows Terminalserver, etc.) und VNC (Virtual Network Computing) relevant. Persönlich ziehe ich Linux auf einem Thin Client vor, bei Windows Embedded hat man zwar eine volle Domänen-Integration, dafür aber dann bei Upgrade-“Spaß” mit ggf. zu wenig “Plattenplatz” und vor allem die gleichen oder zumindest sehr viele ähnliche Lücken und Probleme wie mit einem vollwertigen Windows auch. Hinzu kommt dann auch wieder der Preis, das soweit unabhängig von rangee. Es mag alles Geschmacks- und Erfahrungssache sein.
Zentrale Verwaltung mit dem TCMS (Thin Client Management Server)
Der zentrale Dreh- und Angelpunkt bei rangee Thin Clients ist der TCMS. Diese Verwaltungsinstanz in Form eines dedizierten Thin Clients in physikalischer Form oder eines angepassten Linux-Systems das als virtuelle Maschine (VM) unter den Hypervisoren von VMware (ESX) und Microsoft (Hyper-V) installiert wird stellt über ein Web-Interface eine ansprechende sowie leicht verständliche Oberfläche zur Verfügung.
Der Vollständigkeit halber und damit wir uns nicht falsch verstehen: Man kann die Thin Clients auch ohne einen TCMS betreiben.
Im Testlab wurde der TCMS als VM unter Hyper-V installiert:
Die virtuelle Maschine an sich ist recht genügsam:
- 4 GB RAM
- 20 GB HDD
Als weiteres lädt man die aktuelle ISO herunter. Die eigentliche Installation geht schnell und ohne große Rückfragen von der Hand. Sozusagen: ISO rein, VM starten, Punkt 1 auswählen, Warnung das alles auf der virtuellen Festplatte gelöscht wird bestätigen, einen Moment warten, neu starten, fertig.
An diesem Punkt zitiere ich mal aus einer E-Mail:
"Es ist sinnvoll, dem TCMS eine feste Adresse zuzuweisen und im DNS den Namen defaulttcms mit dieser IP zu hinterlegen, damit neue Clients über die Suche nach defaulttcms direkt nach dem Auspacken und Hochfahren in dem Management Server hineinlaufen und darüber provisioniert werden können. Auf die Management Oberfläche greifen Sie per Webbrowser zu: https://IPAdresse-des-tcms"
Dem würde ich jetzt einfach mal so zustimmen.
Der Vorgang ist zudem sehr schön in den Hersteller-How-To’s beschrieben:
TCMS – Installation auf HyperV
Und dann gibt’s da natürlich noch ein Handbuch:
rangee – Knowledge Base – Handbuch TCMS 10 (DE)
Wichtig zu Wissen ist, das die allgemeine Oberfläche, Kommbox genannt, des rangee OS, ganz gleich ob Thin Client oder TCMS, unter der URL
https://IPAdresse-des-tcms
und die des TCMS unter
https://IPAdresse-des-tcms/tcms
erreichbar sind. Unter ersterer stellt man z.B. via “Anschlüsse – Netzwerkkonfiguration” die IP-Adresse usw. ein, während unter zweiterer die eigentliche Thin Client-Verwaltung aller Geräte im Netzwerk stattfindet. Die standardmäßigen Zugangsdaten lauten übrigens:
- Benutzername: administrator
- Kennwort: engels
Thin Client hinzufügen
Es gibt zahlreiche Wege einen neuen Thin Client zum TCMS hinzuzufügen, wie z.B. via DNS-Eintrag oder DHCP-Option, per Hand und Discover (Suche im Netzwerk) geht natürlich auch. Alle Mittel und Wege sind im Handbuch beschrieben. In meinem Testlab wurde zu Beginn ein entsprechender DNS-Eintrag angelegt und was soll man sagen, das klappte auf Anhieb.
Der erste Start eines Thin Clients dauert naturgemäß einen Moment, folgt doch der initiale Start, die Suche nach einem TCMS, die dortige Registrierung (sofern gefunden, versteht sich), der Bezug des Konfigurationsprofils, etwaiger Updates, usw.
Profile
Um ein Konfigurationsprofil zu erhalten, ist es im ersten Schritt notwendig eines von einem bereits konfigurierten Thin Client in den TCMS zu importieren. Daraus ergibt sich das immer ein Thin Client als Vorlage dienen muss. Dieser muss nicht in physikalischer Form vorhanden sein, es kann sich auch um eine virtuelle Maschine handeln.
Zur Info: Der TCMS kann nicht als Vorlage dienen!
FAQs
Während des Tests ergaben sich ein paar Fragen die im Rahmen einer Kurzeinführung, die übrigens sehr gut und informativ war, beantwortet wurden:
- Wie wird zentral, also über den TCMS, Firmware und andere Updates verteilt?Zunächst ist es notwendig, dem “Vorlagen-Thin Client” den TCMS als Repository zuzuweisen. Dies geht via Kommbox unter “Software-Aktualisierung – Updateserver-Einstellungen”. Dann aktualisiert setzt man diesen einen Thin Client auf den Zustand “Test”, aktualisiert diesen und prüft anschließend ob alles in Ordnung ist. Ist das der Fall, ändert man den Zustand auf “Member”, aktualisiert man die Konfiguration der Gruppe und beim nächsten Neustart aktualisieren sich alle Thin Clients die der Gruppe bzw. der entsprechenden Konfiguration zugewiesen sind.
- Wie werden neue oder geänderte Konfigurationen/Profile angewendet?
Wie bereits erwähnt, muss ein Thin Client als Vorlage dienen, d.h. dieser muss entsprechend konfiguriert (und getestet) werden, dann zieht man die Einstellung von diesem Client und weist diese der Gruppe zu. - Wie sieht es mit der Datensicherung aus?
Läuft der TCMS als virtuelle Maschine, kann diese einfach gesichert werden. Unabhängig davon kann ein Datenbank-Update lokal oder auf ein Netzwerk-Ziel erstellt werden. - Sind regelmäßige Aufgaben wie z.B. Wake-on-Lan (WoL) oder Herunterfahren möglich?
Ja, auf der Registerkarte “Aktionen” zu Thin Clients auswählen, für die eine Aktion gelten soll und dann aus dem Kontextmenü den entsprechenden Punkt auswählen. Im daraufhin erscheinenden Dialog können die gewünschten Angaben wie Beschreibung, wann und wie oft die Aktion ausgeführt werden soll festgelegt werden. Zu bestehenden Aufgaben können weitere Thin Clients per Drag & Drop hinzugefügt werden. - Ist die Display Reihenfolge bei Dual- bzw. Multi-Monitor-Betrieb einstellbar?
Ja. - Sind die Profile Modellabhängig?
Nein. - Wie wird der TCMS und die Thin Clients lizensiert?
Der TCMS ist kostenlos. Thin Clients die direkt von rangee stammen und konvertierte PCs erhalten eine lebenslange Lizenz. Zu beachten ist, das bei konvertierten Geräte die Lizenz nur drei Mal umgezogen werden kann. Mit Lebenslang ist in diesem Kontext das Geräte-Leben gemeint.
Fazit
Evtl. ungewohnt kann sein, das die Verwaltungssoftware nur als eigenständiges Linux zur Verfügung steht, wobei das gleichzeitig auch ein Vorteil ist, denn so bleibt die Thin Client-Verwaltung unabhängig von einem zugrundeliegenden Betriebssystem und ggf. weiterer Anwendungen die installiert sein können und so unter Umständen Wechselwirkungen auftreten. Oder anders ausgedrückt: Wer schonmal auf einem lahmen, alten, zugemüllten Windows Server ein noch lahmeres Igel UMS “verwalten” durfte versteht sicherlich was ich meine.
Ein weiterer Pluspunkt ist, das die Firmware (rangee OS), also das eigentliches Betriebssystem, sowie die Anwendungen (Browser, RDP-Client, etc.) voneinander getrennt sind, somit keine Abhängigkeit beseht das mit dem Update des einen oder gleich das Andere aktualisiert werden muss und dann ggf. irgendwelche Probleme auftreten, wo man zunächst nicht genau weiß, von welcher Seite sie herrühren.
Was mir bei rangee ebenfalls gefällt ist, das es sich um Standard-Hardware handelt, also keine wie auch immer “verdongelten” oder spezifischen ARM- oder “Sonst was”-Kisten. Nach Ableben als Thin Client könnte man ein OS seiner Wahl installieren und das jeweilige Gerät anderweitig verwenden.
Als weiteres kommt neben dem freundlichem Kontakt und dem Service hinzu, das die komplette Verwaltung, ganz gleich ob einzelner Thin Client oder Zentral für alle via Browser erfolgt. Es muss nicht erst irgendeine Komponente installiert werden.
Im Rahmen dieser Teststellung habe ich jetzt nur an der Oberfläche gekratzt, rangee kann (natürlich) noch viel viel mehr und dem Vernehmen nach kommt da noch einiges hinzu. Man darf also gespannt sein.
Beim nächsten Wechsel von Thin Clients bei Kunden oder bei neuen Projekten werden wir zukünftig auf rangee setzen. Die Handhabung ist einfach, der Kontakt und Service soweit wie ich ihn die letzten Wochen in Anspruch genommen habe (alles Anfänger-Fragen, ich habe nichts gefunden was einen zur Verzweiflung getrieben oder aus der Ruhe gebracht hat) ist einfach Spitze. Kurzer Dienstweg, super nett, informativ, kurzum: Passt!
P.S.: Ebenfalls interessant: WindowsPro – Rangee SIP: Softphone für Thin Clients im Test
Verheiratet, Vater von zwei Kindern, eines an der Hand, eines im Herzen. Schon immer Technik-Freund, seit 2001 in der IT tätig und seit über 10 Jahren begeisterter Blogger. Mit meiner Firma IT-Service Weber kümmern wir uns um alle IT-Belange von gewerblichen Kunden und unterstützen zusätzlich sowohl Partner als auch Kollegen.
Wir hatten uns vor ca. 1 1/2 Jahren für RangeeOS entschieden, um unserer alten ThinClients von Terra/Astec mit Windows Embedded 7 compact bsw. von Samsung mit Windows Embedded abzulösen. Wir verwenden jedoch nur das Linux-OS von Rangee auf mehr als 3 Dutzend ThinClients von Fujitsu + AllinONE ThinClients von Samsung + Notebooks von Lenovo (Heimarbeitsplätze, OpenVPN). Selbst auf den alten Thinclients von Samsung mit AMD Dualcore 1,2 GHz + 4 GB Ram läuft das stark modifizierte Debian noch erstaunlich gut. Die Möglichkeit der Verwaltung über TMCS (bei eLux/Fujitsu ist diese Option kostenpflichtig), echtes DualScreen über RDP, Verfügbarkeit von Updates ohne Folgekosten (attraktives Lizenzmodell) und Remotezugriff auf die RDP-Sitzung direkt am ThinClients mittels VPN war der Entscheidungsgrund für RangeeOS. Mir ist unklar warum Unternehmen bei der Entscheidung für Thinclients weiterhin auf Igel + Dell/Wyse und deren OS setzen. Möglicherweise sollte Rangee mehr Werbung in den passenden Fachzeitschriften (ct, iX) und Webseiten schalten.